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Guldentaler Kerb

GULDENTALER KERB AB SOFORT GANZJÄHRIG

„Am ersten Wochenende im August zur Guldentaler Kerb du musst“ – hieß es früher einmal. Künftig wird sich das ändern, denn der Ortsvereinsring hat gestern beim traditionellen Weinfassanstich die ewige Fortdauer der Kerb bekanntgegeben. Nur an Heiligabend soll zu Reinigungszwecken eine Pause eingelegt werden.

Die Gründe für diese Entscheidung erläuterte Karl Bodtländer, Vorsitzender des Ortsvereinsrings zu später Stunde am Tresen der SG: „Ich bin der King Karl von Malloooorca“, gröhlte er im Interview und bestätigte auf Nachfrage: „We’ll nääääver walk alone!“ Mehr war zu seinen Motiven vorerst nicht in Erfahrung zu bringen.

In der „Hilberschemer Stubb“ brach aufgrund der Meldung kurze Panik aus. „Noch wenischer Schloof“, gähnte der schon zur Eröffnung übermüdete Inhaber Georg Wagner. Dr. Hubert Gänz hingegen, dessen offenes Weingut einen wesentlichen Schwerpunkt des beliebten Volksfestes bildet, unterstützt die Idee gleich mit zwei Argumenten: „Erstens habe ich eine große Familie und zweitens kein Problem damit, die für mich arbeiten zu lassen. Von mir aus kann das ewig so weiter gehen.“ Als weiteren positiven Aspekt sieht er den damit verbundenen kulturellen Aufschwung: „Wenn ich jetzt jeden Dienstagabend „Il silenzio“ auf der Trompete spielen muss, kann ich es vielleicht irgendwann fehlerfrei.“

Ähnliche Gedanken, nur negative, hegt Arno Kluschat vom örtlichen Angelsportverein. „Jeden Dienstag Heringsessen beim Hubert? Das führt unweigerlich zu einer Überfischung des Guldenbaches. Die Leute sollen Bratwurst essen und endlich die Fische in Ruhe lassen.“ Tatsächlich hat der Betreiber des Bratwurststandes seinen Vertrag bereits endlos verlängert. „Im Laufe einer Kerb sammeln sich jede Menge Würste und Pommes an, die am Ende weggeschmissen werden müssen. Das Problem bin ich jetzt los“, zeigt er sich zufrieden.

Die Behelfsbrücke über den Mühlenteich zur Verbindung des Kerbetreibens diesseits und jenseits des Rinnsals wird nun zur Dauereinrichtung. Dazu Manfred Bauer, heimlicher Cheforganisator im Hintergrund: „Die Kreuznacher reden ständig vom Brückenschlag – wir machen’s einfach!“

Ob die Musiker der Gruppe „Westwind“ wirklich jeden Freitag Zeit für ein Eröffnungskonzert haben, steht noch in den Sternen. Ihr diesjähriger Auftritt wurde daher vorsorglich auf Band aufgenommen und wird anlässlich der Dauerkerb fortan in einer Endlosschleife die Trinkermeile auf dem Schulhof beschallen. Dort regiert außerhalb der Kerb eigentlich Friederike Rabe, Rektorin der Grundschule Guldental. Die sieht den Beschluss des Ortsvereinsrings mit gemischten Gefühlen: „Durch die Kerb wird die Hälfte meines Schulhofes dauerhaft blockiert. Das ist nicht schön für die Kinder. Aber ich erhoffe mir pädagogische Effekte davon, wenn die Schüler morgens beim Kommen und mittags beim Gehen die Veränderungen der Menschen an einem Wein- und Cocktailstand studieren können. Wir planen bereits einen lustigen Malwettbewerb zu dem Thema.“

Grenzenlose Begeisterung herrscht wiederum bei den Vertretern der Kirchengemeinden, die schon sehnsüchtig darauf warten, ab sofort jeden Sonntag ökumenisch auf dem Festplatz zu zelebrieren. „Der Bierstand öffnet erst nach der Messe, deshalb ist unser Gottesdienst vor allem beim Schlusslied noch besser besucht als die Christmette“, erläutert Gemeindereferent Gerhard Horteux.

Die Unternehmer der Gemeinde können sich ebenfalls gar nichts Schöneres vorstellen, als die nächsten Jahrzehnte zu jedem Wochenbeginn auf’s Neue ihre gesamte Belegschaft beim bayerischen Frühschoppen im Winzerhof Schwanke freizuhalten. Besonders einer freut sich bereits ein Loch in die Registrierkasse: „Montags bleibt die Küche kalt, denn das Volk will Weißwurst halt“, bekennt sich Markus Buchholz, Inhaber des Kaiserhofes, zur Guldentaler Dauerkerb.

Paul Schmitt, Seniorchef der örtlichen Fahrschule, hat die neuen Öffnungszeiten der Kerb umgehend in sein Ausbildungskonzept integriert: „Wenn der Autoscooter jetzt ganzjährig zur Verfügung steht, werde ich alle Fahrstunden nur noch dort abhalten. Meine Fahrschüler gelten eh schon als die Schlimmsten weit und breit, künftig werden sie diesem Ruf auch gerecht.“

Und was sagt Ortsbürgermeisterin Elke Demele? Die im Dorf als Hort der Verschwiegenheit und Vertraulichkeit geschätzte Gemeindechefin bezeichnet die Neuregelung in einer offiziellen Erklärung als „super toll“. Hinter vorgehaltener Hand gibt sie geheime Interna zum Besten: „Denen laufen doch die Aktiven davon. Die hatten gerade noch genug Leute zum Aufbauen der Kerb und wissen jetzt nicht, wer das Ganze wieder abbauen soll. Nur deshalb geht das hier ganzjährig weiter.“ Dann lächelt sie wie beschwippst und meint unschuldig: „Huch, das durfte ich ja eigentlich gar nicht sagen, behalte das bloß für dich, mein Lieber.“ – Aber irgendwie hat man nicht den Eindruck, dass ihr dieser Fauxpas leid täte.

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Benzinpreisbremse

KREUZNACHER BWL-STUDENT ERFINDET BENZINPREISBREMSE

Nennen wir ihn Kevin, denn sein wahrer Name darf nie genannt werden. Zu gefährlich, wegen der Saudis, die jagen ihn um den ganzen Globus. Kevin lebt in Kreuznach, alles andere ist geheim – aus Sicherheitsgründen, denn die Ölkonzerne, die Nigeria-Connection und sogar der Mossad wollen seinen Kopf.

Kevin hat BWL studiert, lange, sehr lange. „20 oder 30 Jahre könnten es gewesen sein“, meint er. „Aber immer wenn ich mich zur Prüfung melden wollte, kam ein Update für Excel, dann musste ich wieder von vorne studieren.“

Sein Traum war es seit jeher, eine Benzinpreisbremse zu entwickeln, darum begann er irgendwann, den Benzinpreis statistisch auszuwerten. „Ich wohnte neben einer Tankstelle. Die Preise von der Anzeige übertrug ich in eine Excel-Tabelle. Wegen der häufigen Preisänderungen musste ich mein Studium unterbrechen. Jahrelang versuchte ich, das System hinter den Preisen zu erkennen.“ Nach einem langen Abend im „City-Treff“, seiner Stammkneipe, sei der Groschen dann gefallen. „Er fiel in Pfennigen, also sehr langsam„, erinnert sich Kevin an diese Schicksalsnacht. „Ich stürzte an meinen Rechner, klickte alle Pornoseiten aus und starrte auf meine Excel-Tabelle. Dann erkannte ich: Das Problem liegt vor dem Komma. Hinter dem Komma geht es nur ein paar Cent hoch oder runter, aber davor bleibt es immer bei 1 Euro – das ist es, was Benzin teuer macht.“

Von dieser Erkenntnis war es aber noch ein weiter Weg zur Lösung des Problems. Viele Nächte brütete er darüber im „City-Treff“. Der Wirt Heiko Hasselwander habe ihm schließlich den entscheidenden Tipp gegeben: „Tank doch eenfach wenischer.“

Nun bedurfte es nur noch einiger Excel-Tabellen und dann wusste Kevin, wie es funktioniert. Die Weltformel war gefunden: (B-1) x T = G. Für Leute ohne BWL-Studium (gibt es die überhaupt noch?) übersetzt Kevin: „Benzinpreis minus Eins mal Tanken gleich Geld“ Für weniger Geniale erklärt er es an einem Beispiel: „Falls das Benzin 1,50 Euro kostet, entfallen zwei Drittel des Preises auf den Euro vor dem Komma. Hinter dem Komma kostet der Sprit nur 50 Cent – spottbillig. Wenn man jetzt einfach nur ein Drittel volltankt, zahlt man logischerweise nur den Teil hinter dem Komma, also den spottbilligen Sprit. Ich spare durch diese Methode permanent einen Euro pro Liter.“

Die Frage, ob er seither öfter tanken muss, kann Kevin noch nicht sicher beantworten. „Ich werte das gerade mit Excel aus, aber das sind schwierige Berechnungen. Dazu muss ich erst mal mein BWL-Studium abschließen. Seit ich auf dem Weg zur Uni Mainz aber mindestens dreimal tanken muss, dauert es noch länger.“

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Staatsfeind Nr. 1

KREUZNACHER BUB ZUM STAATSFEIND NR. 1 GEKÜRT

Der türkische Generalkonsul kam aus Mainz angereist, der türkische Botschafter sogar aus Berlin. Gemeinsam weigerten sie sich zuerst, den Atatürk-Saal des Kurhaus zu betreten, und nahmen nach Verlegung des Treffens in einen politisch neutralen Raumeine ganz besondere Ehrung vor: Max Müller aus dem Gässje darf sich ab sofort Staatsfeind Nr. 1 der Türkei nennen!

Zuvor hatte er sich in der Castingshow „Turkeys first Staatsfeind, moderiert by Haydi Glüm“ gegen zahlreiche Mitbewerber durchgesetzt. Am Rande der Ehrung, während Haydi Glüm noch den Zweit- und Drittplatzierten ihr Fahndungsfoto überreicht, erzählt Müller seine Geschichte: „Es begann im Jahre 2001, direkt nach dem Abitur. Ich war mit ein paar Freunden an die Riviera geflogen. Allerdings wusste ich nicht, dass die in der Türkei ist. Meine Kumpels lagen am Pool, ich hing an der Hotelbar ab und schaute das Championsleague-Finale mit dem FC Bayern München, jenes Spiel, in dem Mehmet Scholl einen Elfmeter verschoss. Als der Ball am Tor vorbeiging, rief ich spontan: Mehmet, Du Idiot! Fünf Minuten später klickten bereits die Handschellen.“

Dem damals noch jungen Mann wurde Beleidigung des Türkentums vorgeworfen. Vergeblich verteidigte er sich damit, einen deutschen Mehmet gemeint zu haben – niemand glaubte ihm. Das Urteil fiel mit 20 Jahren Haft relativ milde aus. Im Jahre 2016 wurden Max Müller zudem die letzten 5 Jahre erlassen, weil die Gefängnisse seit dem Putschversuch in der Türkei aus allen Nähten platzen. Müller kann nur müde lächeln wenn er Namen wie Deniz Yücel oder Peter Steudtner hört. „Mittlerweile gilt es ja als hip, im Knast zu sitzen. In der Türkei gibt es bereits Erwägungen, diejenigen, die noch draußen sind komplett auszutauschen gegen jene, die schon drinnen sind. Anschließend sollen alle Schilder an den Haftanstalten um 180 Grad gedreht werden. So hofft man, das Platzproblem zu lösen. Aber egal ob die Staatsfeinde nun diesseits oder jenseits der Gefängnismauern inhaftiert sind: Ich war auf jeden Fall der Erste, die Nr. 1 eben.“

Dies bestätigt auch der türkische Botschafter. „Max Müller aus Bad Kreuznach führt eindeutig unsere politischen Verhaftungslisten an. Er saß bereits hinter Gittern, als Präsident Erdogan noch mit Fethullah Gülen Haschisch aus der Shisha kiffte und ist darum für uns der erste Märtyrer der Demokratie.“ Auf ein mögliches Ende der Verhaftungswellen angesprochen wollte der türkische Gesandte noch kein verbindliches Datum nennen. „Wie jeder treue Erdogan-Anhänger hoffe natürlich auch ich jeden Tag auf meine eigene Festnahme, aber zu Ende wird es erst sein, wenn Erdogan sich selbst verhaftet hat. Wir gehen davon aus, dass er dies unmittelbar nach der Wiedereinführung der Todesstrafe tun wird, womit auch klar sein dürfte, wie wir die Gefängnisse wieder zu leeren gedenken.“

Der Generalkonsul aus Mainz teilt diese Einschätzung, reagiert auf das Thema Verhaftung aber leicht verstimmt: „Mein Haftbefehl wurde schon vor drei Monaten erlassen. Aber die Bundesrepublik verweigert meine Auslieferung unter Hinweis auf meinen Diplomatenstatus. Ich werde mich wohl vor deutschen Gerichten in ein türkisches Gefängnis hineinklagen müssen.“

Max Müller aus dem Gässje gerät bei diesen Sätzen ins Grübeln. „Wenn die Verhaftungswelle als Hinrichtungswelle zurückschwappt, habe ich als Staatsfeind Nr. 1 das Recht, als erster exekutiert zu werden. Noch vor dem Präsidenten. Aber ich denke, ich werde ihm den Vortritt lassen.“

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Kunst am Bau

VÖLLIG UNBEKANNTES KUNSTWERK AN DER FEUERWEHRWACHE NORD ENTDECKT

Die Sonne brachte es an den Tag! So könnte man umschreiben, was sich gestern am Ende der Martinsbergtrasse ereignete. Eine Gruppe Wanderer war dort von Winzenheim kommend in Richtung Innenstadt unterwegs. Die Sonne brannte, die Wanderer hatten ihre Wasservorräte bereits aufgebraucht. Einige wanderten schon im Delirium, als sie plötzlich eine riesige Eistüte entdeckten.

„Auf einmal stand sie da, meterhoch, wie eine Fata Morgana. Wir konnten nicht mehr anders“, berichtet einer, der dabei gewesen war. Steffen Becker, der Wehrleiter des Löschbezirks Nord entdeckte die Wanderer, als sie sich mit heraushängenden Zungen vor einem metallenen Objekt am Eingang zur Feuerwache prügelten. „Ich verfrachtete die Gruppe dann sofort in den Mannschaftswagen und fuhr sie mit Blaulicht zur Eisdiele Panciera“, berichtet Becker. „Dabei nutzte ich die Gelegenheit, um den Inhaber auch gleich mal auf seine Werbung anzusprechen. Diese Eistüte steht jetzt seit Jahren da rum und versperrt uns die Sicht. Ich wollte ihn fragen, ob er das Ding nicht einfach jemand anders in den Weg stellen kann, am besten dem Löschzug Süd.“

Luca Panciera wiederum zeigt sich überrascht von dem Ansinnen. „Ich frage mich zwar auch seit Jahren, was die Eistüte vor der Feuerwehr soll. Aber ich habe definitiv nichts damit zu tun.“ Seitdem nimmt das Rätselraten kein Ende. Alle Eisdielenbetreiber der Stadt haben mittlerweile eidesstattlich versichert, für die Eistüte nicht verantwortlich zu sein. Die Italian Claims Conference, zuständig für die Durchsetzung des alleinigen Rechts der Italiener auf Eisherstellung weltweit, distanziert sich ebenfalls. Das Modell erinnere zu sehr an das Schoko-Erdbeer-Vanille-Eis der Nachkriegszeit. Es entspreche nicht den Anforderungen an moderne Eiskreationenen.

Armin Göckel, der übliche Verdächtige für ausgefallene Werbeaktionen winkt ebenfalls ab. „Ich dachte durchaus schonmal daran, eine überdimensionale Brille vor das Stadthaus zu stellen, damit die den Durchblick bekommen. Eine Eistüte hätte ich persönlich eher vor dem Casinogebäude platziert, um das frostige Klima im Stadtrat zu symbolisieren. Am Feuerwehrhaus macht das für mich keinen Sinn.“

Bei der Verwaltung beruft man sich auf eine Auskunftssperre „von ganz oben“. Es wird gemunkelt, die Verantwortlichen befürchteten Rücktritts- und Regressforderungen wenn herauskommt, dass die Eistüte mit öffentlichen Geldern finanziert wurde.Unterdessen ärgert man sich beim Löschzug Nord weiter über die Eistüte vor der Einsatzzentrale. Steffen Becker tüftelt nun an einem ganz abgefeimten Plan: „Wir tun jetzt so, als sei das Kunst. Zuerst wollten wie das Ding als Frühwerk eines Kreuznacher Künstlers deklarieren. Brusius, Leske und Meyer-Grönhof haben aber bereits mit Unterlassungsklagen gedroht. Darum werden wir künftig nur von einem völlig unbekannten Kunstwerk reden„, deutet er an. „Hauptsache irgendwer klaut es und wir sind das Problem los.“

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Rheingrafen-Fähre

EU FÖRDERT FÄHRE ZUM RHEINGRAFENSTEIN

Im Sommer, sofern das Wasser tief genug ist, pendelt zwischen dem Kurpark in Bad Münster und dem Rheingrafenstein ein Gefährt, dass im Volksmund liebevoll Fähre genannt wird. Touristen von der Waterkant schmunzeln schon beim Namen: „Fähre? Allenfalls Boot. Oder blechernes Surfbrett“, sagen sie meist nordisch knapp.

Aber egal wie man den Nachen auch nennt: Morsch ist und bleibt er. Darum muss er erneuert werden. Ortsvorsteherin Bettina Mackeprang tat nun das einzig Richtige, holte zwei Angebote ortsansässiger Schlossereien ein, trieb eine Stiftung als Sponsor auf und hätte das Kleinod für 35 Mille erneuert. Die ewig klamme Stadt trug sich jedoch lieber mit Bedenken wegen der Verkehrssicherheit und setzte darum auf eine ordentliche Bootswerft. Da waren es schon 80 Mille, die benötigt wurden.

Beim Argument Sicherheit kann der Fährmann vor Ort nur lächeln. „Wenn viel Betrieb ist und die Leute es eilig haben, ziehen sie die Schuhe aus und laufen barfuß an der Fähre vorbei durch die Nahe. Die müssen nicht einmal die Hose hochkrempeln.“ Aber noch bevor die Stadt 45 Mille Preisdifferenz sinnlos in der Nahe versenken konnte, wurde die EU auf das Problem aufmerksam.

Raffgieria Incassamia, die aus Italien stammende Kommissarin für Gewässersicherheit wurde umgehend aktiv. „Da stehen Menschenleben auf dem Spiel“, verkündet sie schamlos. „Der Fährbetrieb kann nur weitergehen, wenn Rettungsschwimmer beiderlei Geschlechts mitfahren. Für die müssen allerdings separate Aufenthaltsräume an Bord hergerichtet werden.“ Außerdem könne das Schiff auf ein Riff laufen. Eine doppelte Bordwand und Rettungsboote seien daher unerlässlich. Unter der Hand lässt die Kommissarin durchblicken, nach ihrer allein maßgeblichen Meinung gebe es nur einen Bootsbauer, der eine solche „Königin der Flußschifffahrt“ zu liefern imstande sei: ihr Vetter Luigi Titanico aus Neapel. Bedenken hat sie noch für den Fall plötzlich aufkommenden Nebels: „Da müssen Leuchttürme her. Meine kleine Schwester liefert zufällig Leuchttürme für linke Flußufer.“ Ein passender Turm für das rechte Ufer sei dagegen exklusiv von ihrem großen Bruder erhältlich – und zwar nur von diesem!

Das Gesamtpaket für einen verkehrssicheren Fährbetrieb wurde aktuell auf schlappe 27 Millionen taxiert. Kommissarin Incassamia rät aber dennoch zur Umsetzung: „Ich kann Fördermittel besorgen. Das Projekt wird mit 25 Mio. aus Brüssel unterstützt.“ Bei dieser Summe wird Stadtrat Andreas Henschel geradezu fuchsig. „25 Millionen sind ein unschlagbares Argument“, schwärmt er und schimpft zugleich in typischer SPD-Rhetorik wider alle Bedenkenträger. „Das ist das Geld aller Bürger. Da muss eine alte Oma lange für stricken, sehr lange. Wir können nicht einfach auf 25 Millionen verzichten, das schulden wir den kommenden Generationen.“

Ortsvorsteherin Bettina Mackeprang kann angesichts solcher Rechenkünste nur noch mit dem Kopf schütteln. „Wer hier am Ende wem was schuldet, wäre noch zu klären. Ich schmeiße jedenfalls nicht 2 Millionen zum Fenster raus.“ Dies wiederum erscheint Stadtrat Henschel polemisch „Es geht um Arbeitsplätze, zumindest um einen“, betont er. „Die von der CDU können einfach nicht wirtschaften. Ob Mio. oder Mille ist doch kleingeistige Wortspalterei. Für mich zählen nur nackte Zahlen, und die sind eindeutig. Erst 35, dann 80, dann nur noch 27 und wenn jetzt 25 aus Brüssel kommen, bleiben nur noch 2. Ein besseres Geschäft kann man nicht machen.“

Derweil hat Luigi Titanico dieser Tage bereits die Situation vor Ort besichtigt. Nach seiner Einschätzung sind die Anforderungen von Kommissarin Incassamia völlig überzogen. „Sobald die Fördermillionen auf meinem Konto sind, gebe ich bei einer örtlichen Schlosserei ein blechernes Surfbrett in Auftrag, mit dem sich das Flüsschen problemlos überqueren lässt. Das kostet mich maximal 35 Mille“, grinst er.