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ÄSCHEMÄNNERMITTWOCH

„Omne animal post coitum triste est“, wusste schon Aristoteles. Nicht anders geht es dem Kreuznacher nach seinem jährlichen Höhepunkt. Gestern konnte man sie wieder erleben, die Tristesse allerorten. Im Internet laufen längst die Countdowns: Noch 360 Tage, 11 Stunden und 4 Minuten bis zum nächsten … äh … Jahrmarkt.

Die Hotline der Telefonseelsorge ist in den frühen Morgenstunden kollabiert unter den Hilferufen Verzweifelter: „Ohne Jahrmarkt kann ich nicht mehr leben!“ Optimisten üben sich in Durchhalteparolen („Der nächste Jahrmarkt kommt bestimmt!„), Pessimisten wälzen sich in Zweifeln („Gibt es ein Leben nach dem Jahrmarkt?“), Verschwörungstheoretiker diskutieren eifrig den drohenden Weltuntergang („Irgendein Jahrmarkt muss der letzte sein“).

Jahrmarktsbürgermeister Bausch denkt bürgernah über eine Verlängerung nach: „Würden wir mittwochs einfach weiter feiern, käme die Endzeitstimmung erst donnerstags„, diagnostiziert er messerscharf, ohne zu erklären, was dies im Ergebnis ändern sollte.Kurzum: Es herrscht Katerstimmung in der Stadt. Die Gässjer wenden mit Grausen den Blick von der Pfingstwiese, wo das Riesenrad jetzt schrittweise demontiert wird – Symbol für Aufstieg und Fall der fünften Kreuznacher Jahreszeit.

Wie immer in dieser alljährlichen Stunde Null der Stadt kämpft ein kleines Grüppchen Unverzagter tapfer gegen die kollektive Depression, wirbelt in grell-orangenen Westen über die Pfingstwiese und entsorgt, was vom Trubel übrig blieb: Zerrissene Lose, zerschmetterte Gläser, leere Plastikteller und allerlei achtlos hingeworfener Müll. Unerbittlich sorgen sie dafür, dass jegliche Erinnerung an den Jahrmarkt 2017 rigoros in die Tonne gekloppt wird. Denn erst wenn die Pfingstwiese wieder in ihrer spröden Hässlichkeit zum Terrain für Flohmärkte und Automessen geworden ist, haben sie ihr Werk vollbracht. Erst dann wird der Kreiznacher in seinen Alltag zurückkehren und sich angesichts der öden Fläche zwischen Brückes und Nahe fragen, wie man jemals dort fröhlich feiern konnte.

In Anerkennung dieser Leistung plant der Freundeskreis „Kreiznacher Johrmarkt“ jetzt, den Äschemännern ein Denkmal auf dem Jahrmarkt zu errichten. „Den Männern in Orange kommt eine volks-psychologisch bedeutsame Funktion zu, die bisher eindeutig unterschätzt wurde“, erklärt dazu Vorsitzender Dieter Gronbach. „Alle Welt heizt beständig das Jahrmarktsfieber an, aber keiner kuriert uns anschließend davon. Das tun nur die Äschemänner.“

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