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Kreuznachtillon

Hungriger Wolf

BÜRGERBEGEHREN GEGEN DEN HUNGRIGEN WOLF

Spricht man Frauke Klotzbach-Pimpelhuber auf Bad Kreuznach an, verdüstern sich die Blicke der mehr als mittelalten Frau. „Kreuznach“, stöhnt sie dann verbittert. Man spürt die Wut, die sich seit Jahren in ihr aufgestaut hat.

Sie hat sich immer schon engagiert, steht seit ihrer Geburt auf der Seite der Guten und unter den Guten bei den Besseren. Das ist ihr Leben. Die Demonstrationen gegen Brokdorf und die Startbahn West kennt sie aus dem Fernsehen, aber das konnte sie nur belächeln. Nicht wichtig genug, zu eigennützig, zu materiell. Frauke Klotzbach-Pimpelhuber hatte Anderes im Sinn, ihr Kampf galt den existenziellen Problemen. Und so setzte sie sich ein, für den gelbbäuchigen Saftspecht in Kleinhinternfurt, für die rückwärtsfliegende Propellerlibelle am Main-Dein-Unser-Kanal, für die glibberschleimige Aasmade im Vorratslager von DonaldKing.

Auch international war sie tätig, engagierte sich in Dschungeln und Wüsten, im Gebirge und auf See, überall, wo sie keiner brauchte. Tierschützerin möchte sie nicht genannt werden, das ist ihr zu zahm. Sie sieht sich als „Aktivistin der spirituellen Seekuhrity“. Gedankt hat ihr das bisher niemand, nicht einmal die Tiere, für die sie sich aufopferte. Die starben lieber aus.

Frauke Klotzbach-Pimpelhuber spürt das Ende ihrer Kräfte nahen. Ihr Arbeitgeber unterstützt sie größtmöglich. Mit Freistellung bei voller Lohnfortzahlung. Zuletzt musste sie nur noch zur Weihnachtsfeier erscheinen. Aber auch das war zu viel: Burnout! Zu furchtbar sind die Bilder in ihrem Kopf, von Autos, die Mücken zu Tausenden in den Kühlergrill saugen, von Frauen, die Spinnen mit Papierservietten zu Leibe rücken, von Männern, die Wespen im Bier einfach ertrinken lassen. Wenn sie erzählt ahnt man, dass die Welt ohne sie genauso schlecht wäre.

Trotzdem gibt die tapfere Frau nicht auf. Denn ein Ziel verfolgt sie unerbittlich, eine letzte Aufgabe muss noch erfüllt werden. „In Kreuznach“, erzählt sie mit bebender Stimme, „da nennen sie einen Berg den „Hungrigen Wolf“. Schon seit Menschengedenken. Und die sind auch noch stolz darauf.“ Dann sieht man den alten Kampfgeist in ihr erwachen, ihre friedlichen Hände ballen sich zur Faust, vor der sie selbst erschrickt. „Der Wolf“, knurrt Frauke Klotzbach-Pimpelhuber fast selbst wie ein Wolf, „der Wolf ist ein Lebewesen. Schon der Gedanke, dass es leiden könnte, ist ein Frevel. Ich möchte nicht, dass Kinder aufwachsen in einer Welt, die Wölfe hungern lässt. Dieser Name muss ausgemerzt werden. Bad Kreuznach würde viel positiver rüberkommen, wenn man den Hungrigen Wolf umbenennen würde in Satter Wolf. Erst wenn dieser Name geändert wurde, ist mein Werk vollendet.“

Für eine schlagkräftige Kampagne hat sie mit ihren letzten Mitteln eine Werbeagentur beauftragt, und von dieser einen höchst einfallsreichen Slogan kreieren lassen, einen echten Aufrütteler, einen Kampfruf der bedrängten Kreatur: „Wird der Wolf nicht satt, geht Kreuznach schachmatt.“ Unter diesem Motto wird Frauke Klotzbach-Pimpelhuber nur mit einem roten Käppchen bekleidet und mit sieben Plüschgeißlein in einem Korb am Jahrmarktsmontag im Naheweinzelt Unterschriften sammeln für ein Bürgerbegehren. Mitstreiter sind herzlich willkommen.