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Kreuznachtillon

Jakobsweg

HERGENFELDER VERLÄUFT SICH BIS SANTIAGO

Als er in einer Kirche kurz verschnaufen wollte und plötzlich ein riesiges Weihrauchfass an ihm vorbeisauste, ahnte er, dass er sich verlaufen hatte. Sein Banknachbar wusste Rat: „Wir sind hier in der Kathedrale von Santiago de Compostela – am Ende des Jakobsweges.“

Johann Walker muss lächeln, wenn er an diesen Moment zurück denkt. „Die Welt ist ein Dorf“, resümiert er. Eigentlich kommt er aus Hergenfeld. Dort gibt es den Kuckuksweg, einen herrlichen Wanderpfad um das ganze Dorf herum, eine von vielen offiziell ausgewiesenen Vitaltouren. Dort ging Johann Walker täglich spazieren. „Der Kuckuksweg kreuzt irgendwann den Wanderweg Stein, Wein & Farbe, dort muss ich falsch abgebogen sein„, vermutet er. Bei der Suche nach dem Rückweg geriet er auf den Saar-Hunsrück-Steig, dann auf den Nahe-Rheinhessen-Absteig und von dort wohl auf den Bloß-raus-aus-Rheinhessen-Steig. „Ich habe mich immer an dem Zeichen ‚Vitaltour‘ orientiert“, versichert Walker. „Trotzdem fand ich nicht zurück.“ Irgendwann sei er auf einen Weg gestoßen, der durch eine Jakobsmuschel markiert war. „Dem bin ich dann konsequent gefolgt. Der Weg erschien mir ziemlich lang, aber dass ich bis nach Spanien gelaufen bin, kann ich selbst kaum glauben.“

Nach seiner unbeabsichtigten Wanderung auf dem Jakobsweg, hat Johann Walker plötzlich Spaß daran gefunden, neue Wege zu gehen. „In Amerika eröffnen sie nächste Woche den Alaska-Kap-Hoorn-Steig. Der würde mich mal reizen. Ich trainiere derzeit im Schwimmbad dafür. Es gibt nämlich nur einen empfohlenen Wanderweg über den Atlantik. Das ist der Titanic-Steig. Und da muss man ein Stückchen schwimmen.“ Und dann bekommt er wieder diesen philosopischen Blick. „Die Welt ist wirklich ein Dorf“, wiederholt er. „Aber eigentlich bin ich nicht von dieser Welt, denn ich bin aus Hergenfeld.“