STAATSBESUCH IN SEIBERSBACH
Hohen Besuch aus der Hauptstadt erhielt dieser Tage die Gemeinde Seibersbach. Renate Künast persönlich, Vorsitzende des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz im Deutschen Bundestag, hatte ihr Berliner Biotop verlassen und war mit der Dienstlimousine umweltschonend an den Rand des Soonwaldes geeilt. Zuvor hatte sie den Internetauftritt des Dorfes unter www.seibersbach.de inspiziert, aber nichts dadurch erfahren, weil ein Hacker die Seite wohl vor über zwei Jahren geknackt hat.
Grund ihres Besuches waren aber wesentlich beunruhigendere Nachrichten: „Mein ganzes Leben kämpfe ich für Nein heißt Nein“, erläuterte die sichtlich empörte Politikerin, nachdem sie ihren Chauffeur beim Aussteigen dezent im Schritt gestreift hatte. „Seit einer Gesetzesänderung letztes Jahr ist endlich strafbar, wer Nein nicht Nein nennt. Und jetzt kommt Seibersbach daher und behauptet einfach Nein heißt Ja. Ich will sofort die Verantwortlichen sprechen!“
Tatsächlich hatte die kleine Gemeinde kürzlich ein Bürgerbegehren über den Erhalt des Schwimmbades durchgeführt und dabei die Fragen so ungeschickt formuliert, dass mit Nein stimmen musste, wer Ja meinte. Doch was selbst die Seibersbacher kapierten, war Renate Künast offenbar zu hoch. Direkt nach ihrer Ankunft stellte sie den Organisator des Bürgerbegehrens zur Rede: „Nein heißt nein – das sehen Sie doch wohl nicht anders oder etwa doch?“ Der so Befragte überlegt derzeit noch, ob er mit Ja oder Nein antworten muss.
Anschließend wurde die Ortsbürgermeisterin zum Rapport zitiert, die das Ergebnis der Abstimmung erläuterte: „Zwei Drittel kreuzten Nein an, ein Drittel war dagegen. Im Ergebnis also Ja!“ Eine Antwort, welche die tolerante Künast keinesfalls tolerieren konnte. Mit dem Wunsch nach Unterstützung begab sie sich darum auf die Suche nach ihrer angestammten Wählerschaft. Da aber an keinem Haus im Dorf eine Regenbogenflagge wehte, musste sie anderweitig Rat suchen: „Sind die Menschen hier eher transgender, transsexuell, intersexuell oder queer?“, fragte sie eine zufällig vorbeikommende Seniorin, die umgehend knallrot anlief. „Die sinn all im Wald un sammele Pilze„, antwortete die entsetzte Oma und stürmte zur Beichte in die Kirche.
Spätestens jetzt erkannte die erfahrene Bundespolitikerin entscheidende Unterschiede zwischen Berlin und Seibersbach. Kurzerhand pfiff Künast nach ihrem Chauffeur, kniff ihm lüstern in den Hintern und ließ sich schleunigst davon kutschieren. „Nein heißt Nein, aber Seibersbach heißt auch irgendwie Nein“, werden ihre letzten Worte zitiert. Besuchen werde sie die Gemeinde erst wieder anlässlich der nächsten Parade zum Christopher Street Day, ließ sie noch verkünden. Es klang aber eher nach einem Nimmerwiedersehen.