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Wein

Weinkritik

Kritik an der Weinkritik

Der Irrtum aller modernen Weinkritik ist ihr Versuch, den Wein einfach, zugleich aber allgemeingültig zu erklären. Was dabei herauskommt, sind Begleitvorschläge zum Essen, als sei der Wein nur ein Accessoir der Nahrungsaufnahme.

„Dieser Wein passt zu Wiener Schnitzel“ – derartiges kann man auf Flaschen lesen als Empfehlung an Konsumenten, die das Wiener Schnitzel nicht vom Schnitzel Wiener Art zu unterscheiden wissen. Schnitzel also, das soll der Schlüssel zum Verständnis eines Weines sein. Die Beilagen sind scheinbar egal, die Tageszeit, zu welcher man es isst, ebenso. Ganz nebenher wird auch noch suggeriert, besagtes Schnitzel schmecke allerorten stets gleich. Eine recht abschätzige Vorstellung von der Kochkunst in deutschen Landen, dennoch gerne in Kauf genommen, um den Kunden einen Wein schmackhaft zu machen. 

Es ist an der Zeit, den Weintrinker endlich aus seiner Unmündigkeit befreien. Ob, wann und wozu ein Wein schmeckt, weiß man eben erst, wenn man es probiert hat. Das schließt Risiken ein, sich falsch zu entscheiden. Aber ist dieses Risiko größer als jenes, einfach den Etikettenangaben zu vertrauen?

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Kreuznachtillon Wein

Weinpreisinflation

KREUZNACHER GROSSBANKEN GEGEN WEINPREIS-INFLATION

Der Mann hatte Durst, den ganzen Tag schon, jede Theke in der Stadt war er bereits abgelaufen. Wie unzählige Male zuvor erfolglos praktiziert, betrat er die letzte Weinstube, die er in Kreuznach noch nicht aufgesucht hatte, legte seinen 5-Euro-Schein auf die Theke und bat flehentlich um ein Glas Wein. Dieses Mal hatte er Glück: „Naja, ich will mal nicht so sein„, sagte der Wirt. „Ein Schnapsgläschen voll kannste dafür haben, aber nur bis zwei Finger unter die Eich.

So geht es Vielen derzeit, seit die Weinpreise in der Gastronomie fast jeden Tag neue Rekordmarken erreichen. Gemäßigte Weintrinker fragen sich bereits angstvoll, wann der Preis für ein Glas den für die ganze Flasche übersteigt. Wer gerne mal ein Gläschen mehr trinkt, ist längst umgestiegen auf andere Getränke: „Wenn ich Menge und Alkoholgehalt ins Verhältnis setze, ist Wein immer die teuerste Lösung„, erläutert ein geübter Trinker. „Bier und Schnaps in lockerem Wechsel ist eindeutig billiger. An Feiertagen ordere ich auch mal ein paar Flaschen Champagner. Aber Wein? Unbezahlbar!“

Genau aus diesem Grund entbrennt aktuell der ewige Konkurrenzkampf zwischen Sparkasse und Volksbank an den Theken der Weinstuben. „Wir sehen uns traditionell als Förderer der heimischen Wirtschaft“, erklärt Peter Scholten von der Sparkasse Rhein-Nahe. „Darum können wir die Weintrinker in dieser Hochpreis-Phase nicht alleine lassen.“ Sein Haus biete aktuell eine Bis-zu-14,5-Volumenprozent-Finanzierung an. Die könne direkt an der Theke abgeschlossen werden. „Wir finanzieren den Trinkbedarf bis zum Monatsende ohne großen bürokratischen Aufwand vor“, erläutert Scholten. „Der Wirt schenkt auf Pump aus, wir geben Kredit und berechnen Zinsen in Höhe des Alkohols. Milder Kabinett ist so schon für 8,5 % zu bekommen, schwere Burgunder kommen etwas teurer.“

Dieses Konzept lehnt man bei der Volksbank Rhein-Nahe-Hunsrück entschieden ab. „Wir sehen uns traditionell als Förderer der heimischen Wirtschaft“, erklärt dort Horst Weyand. „Die Sparkasse verdirbt den guten Weingeschmack und verleitet zu billigem Fusel. Mein Haus setzt wie immer auf Qualität, darum nehmen wir günstige 12 % von allen gleichermaßen. Wer es richtig knallen lässt, fährt dadurch sogar noch besser.“

Unterschiede gibt es auch bei den Sicherheiten. Während die Sparkasse in klassischer Weise eine Gehaltsabtretung fordert, setzt die Volksbank eher auf die Hinterlegung des Fahrzeugbriefes. „Wir betrachten das als zusätzlichen Service für den Kunden“, erläutert Weyand. „Spätestens auf der Heimfahrt wird dieser Klientel doch sowieso der Führerschein entzogen. Da ist es besser, sie überlassen das Auto uns.“

Die Förderung der sozialschwachen Bevölkerungsschichten bereitet beiden Banken noch Kopfzerbrechen. „Wir können lediglich das Kindergeld vorfinanzieren, mehr wäre unverantwortlich“, erklären sie unisono. „Erfahrungsgemäß reicht das pro Kind für eine Woche Trinkgenuss. Eltern von mindestens vier Kindern können also weiterhin unbesorgt die Halben abpumpen – vorausgesetzt die Weinpreise steigen nicht noch weiter an.“

Wenn der Preis für das Remischen die 20-Euro-Grenze knackt, will die Sparkasse sich aus der Trinker-Zwischenfinanzierung zurückziehen. „Das wird uns dann zu riskant“, räumt Scholten ein. Eine Steilvorlage für Horst Weyand von der Volksbank, um die verhasste Konkurrenz endlich zu überholen, denn der gewiefte Banker hat für diesen Fall noch ein Ass im Ärmel: „Wir stehen in Verhandlungen mit Notar Frank Czaja. Der wird künftig elektronisch direkt von den Tresen dieser Stadt aus erreichbar sein, um den Weinkonsum mittels Hypothek abzusichern. Auf diese Weise können unsere Kunden ganz klassisch Haus und Hof versaufen. Wir lassen niemanden mit Durst im Stich.“

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Kreuznachtillon

Touristentod

TOURISTIN VERDURSTET IN WALLHAUSEN

Tragisches Unglück in Wallhausen. Eine 47jährige Touristin starb dort am Tresen der örtlichen Vinothek vor einem Glas Wein an Dehydrierung. Einzelheiten sind noch unklar. Anhand erster Aussagen von Einwohnern ergibt sich folgendes Bild:

Begonnen hat das Martyrium der Frau damit, dass sie die Empfehlung eines Weinführers nur teilweise in Erinnerung hatte. Bei ihrer Ankunft habe sie lediglich gewusst, dass sie unbedingt einen „Riesling vom Weingut Eckes“ probieren wollte. Sie habe sich dann durchgefragt und sei von den freundlichen Wallhäusern auch bereitwillig zum „Weingut Eckes“geschickt worden. Zeugen streiten noch darüber, welches Weingut Eckes überhaupt gemeint war. Ganz sicher habe ihr aber niemand vorsätzlich die falsche Richtung gewiesen.

Nach zweitägigem Herumirren im Dorf habe sie die Suche aufgegeben und nur noch irgendeinen Riesling gewollt. „Da sah sie schon ziemlich fertig aus“, berichtet ein Augenzeuge. Man habe ihr dann die Vinothek empfohlen, wo sie wenige Stunden vor ihrem Ableben auch ankam. Nach kurzem Studieren der Karte habe sie zur Stärkung zunächst ein Brot mit „Wallhäuser Latwersch“ bestellt. Nachdem ihr dies serviert wurde habe es heftige Diskussionen über den Unterschied zwischen Pflaumenmarmelade und Schweinemett gegeben. „Da wäre sie noch zu retten gewesen“, ist sich ein weiterer Augenzeuge sicher. „Beim Studium der Weinkarte entdeckte sie dann aber einen Hinweis auf Sulfit.“ Die Frage nach der Bedeutung dieses Stoffes sei von einem Winzer nur mit einem lapidaren „Das gehört da eben rein“ beantwortet worden, weshalb die Frau konsequent die komplette Liste der Lebensmittelzutaten gefordert habe.

„Ich sagte noch zu ihr: trinken Sie doch erst mal was!“, berichtet der Winzer. „Aber sie wollte die Liste erst vollständig lesen – alle 180 Seiten. Nach zwei Stunden musste sie sich setzen und bat mich, ihr vorzulesen, was ich auch tat. Irgendwo zwischen E 161 – Canthaxanthin und E 1518 – Glycerintriacetat muss sie dann vom Stuhl gekippt sein. Als ich fertig war mit Lesen, war es schon passiert.“

Das bedauernswerte Opfer wird noch diese Woche vor Ort beerdigt. Die Wallhäuser sehen dem Ereignis schon gespannt entgegen. „Beerdigung ist in Wallhausen wie Hochzeit“, erklärt dazu ein Einheimischer. „Es ist nur einer weniger betrunken.“