RADELN AM ABGRUND
Im Anfang war der Bach und der Bach floss in Kurven und die Kurven waren der Bach. Dann kam der Mensch und begradigte den Bach und am Ufer des geraden Bachlaufs entstand ein Radweg. Dann kam wieder der Bach und der Bach floss wieder in Kurven und der Radweg verlief plötzlich im Bach und die Radfahrer mussten absteigen. Und dann kam Karl Bodtländer und sagte, dass es gut ist: „Denn jetzt können die Radfahrer die Fußgänger nicht mehr umfahren.“
Seither rumort es zwischen Guldental und Langenlonsheim. Schließlich ist Sommer und die Guldentaler wollen ins Schwimmbad. Aber auf halber Strecke dorthin befindet sich der schlechteste Radweg Deutschlands. Die Kommission „Unser Radweg soll schöner werden“ hat ihn dieser Tage mit der gequetschten Bandscheibe ausgezeichnet, dem renomierten internationalen Radlertrostpreis, erstmals vergeben im Jahre 80 n. Chr. an die Stadt Pompeji.
Die Politik hat das Problem erkannt und sich umgehend abgesichert: In beide Richtungen stehen Verbotsschilder, obwohl jeder genau weiß, dass der Radweg bzw. das, was von ihm übrig ist, weiter genutzt wird. Man tut einfach so, als gäbe es das Problem nicht, denn ein verdrängtes Problem ist für Politiker ein gelöstes Problem.
Damit wäre der Rad-weg-Weg beinahe in Vergessenheit geraten, hätte nicht Rainer Klöckner, Winzer und Betreiber einer Straußwirtschaft in Guldental sich Sorgen gemacht, wie seine Kunden künftig zu ihm kommen. Es entbrannte eine rege FB-Diskussion, wodurch das verdrängte Problem plötzlich wieder auf der Tagesordnung stand. Dann kamen wieder die Politiker und versuchten, das Problem erneut zu verdrängen. Dazu suchten sie die Schuld woanders und siehe da, die Politiker wurden fündig: Denn im Anfang war der Bach und der Bach floss in Kurven …