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Hurrikan-Warnung

HURRIKAN-WARNUNG ZUM MANTELSONNTAG

Zum alltäglichen Ritual im Stadtvorstand gehört ein morgendliches Treffen, das ganz wichtig, „Briefing“ genannt wird. In Ermangelung anderer Aufgaben besteht dieses Briefing lediglich im gemeinsamen Anschauen des Wetterberichts. In letzter Zeit packt den Stadtvorstand bei diesem Briefing allerdings zunehmend der Neid. Denn nahezu wöchentlich donnert ein neuer Hurrikan durch die Karibik, zerstört ein paar Inseln und steuert dann auf das Festland zu.

Auf das amerikanische, nicht das unsrige. Da liegt das Problem. Denn es kann einem Politiker gar nichts besseres als eine Katastrophe passieren, um sich zu profilieren. Gerhard Schröder rettete einst ein Oderhochwasser den Job. Von Silvio Berlusconi weiß längst niemand mehr, wieviele Tänzerinnen er in seine Villen orderte, aber sein Auftritt unter Zigtausend Obdachlosen im mittelitalienischen Erdbebengebiet bleibt unvergessen: „Wie beim Camping hier.“ Kurzum: Katastrophen bringen Politikern Ruhm und Ehre. Die wurden in Kreuznach zuletzt Peter Anheuser zuteil, dessen Einsatz für den Hochwasserschutz ihm den Ehrentitel „Deichgraf“ einbrachte.

So sähe sich Wirtschaftsdezernent Bausch auch gerne. Beim sehnsüchtigen Betrachten der Bilder von überfluteten Städten in Amerika kam dem versammelten Stadtvorstand daher anlässlich eines Briefings dieser Tage die Idee für wenigstens ein bisschen Hurrikan-Feeling in Kreuznach. Denn da gibt es doch tatsächlich eine „Allianz für den freien Sonntag“, die der Stadt ihren Mantelsonntag kaputtmachen will. Unter Hinweis auf geltendes Recht – als ob das in Kreuznach irgendwen interessieren würde. Flugs hat der Stadtvorstand deshalb nun beschlossen, am Tag vor dem Mantelsonntag einen Hurrikan für den Tag danach anzukündigen. Die große Konsumorgie läuft fortan nicht mehr unter dem Namen „Mantelsonntag“, sondern unter der Überschrift „Panikkäufe“. Auf diese Weise sollen die Aufsichtsbehörden und Gerichte ausgetrickst werden.

Gewerkschafter und Kirchenvertreter schäumen zwar vor Wut, die Geschäftsleute hingegen feiern die Idee und lassen bereits Merchandise-Artikel drucken: „KH – Kreuznacher Hurrikan“, wird der Mantelsonntag künftig heißen. Damit der Bluff nicht auffliegt, sind die Kreuznacher aufgefordert, sich anlässlich des Events so zu gerieren, als gäbe es ab dem Tag danach nie wieder etwas zu kaufen. Da sie dies eh seit jeher tun, sollte dies auch künftig gelingen, womit der Mantelsonntag gerettet ist.

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