Kategorien
Kreuznachtillon

Wagner-Frustrierte

TREFFEN DER WAGNER-FRUSTRIERTEN

Jedes Jahr am 25.7. beginnen in Bayreuth die Wagnerfestspiele. Einen Tag später trifft sich in Bad Kreuznach, wer weder Rang noch Namen und insbesondere keine Karten hat. Gestern war es wieder soweit!

Nachdem Bayreuth mit dem Engagement von Placido Domingo als Dirigent einen neuen Tiefpunkt erreicht hat, wurde das Treffen kurzerhand unter das Motto „Die Walküre“ gestellt und passend dazu in die Gaststätte „Zum Sigismund“ verlegt. „Die Kneipe ist seit Jahren geschlossen, das bestärkt unsere Depri-Stimmung“, erläuterte ein Teilnehmer diesen ungewöhnlich Schritt. Nach erfolglosem Ausharren vor der geschlossenen Gaststätte habe man dann auf der Suche nach einer alten Esche Stamm die Fußgängerzone durchwandert. Spontan sich hinzugesellende Passanten seien mit „Keiner ging, doch einer kam“ begrüßt worden.

Als nächstes habe der „Einzug der Gäste“ auf dem Programm gestanden, worunter die Wagner-Frustrierten ein Defilee vor Straßenabsperrungen verstehen. „Das ist der Grund, warum wir jedes Jahr nach Bad Kreuznach kommen“, erläuterte eine der Defilierenden. „Mir ist keine andere Stadt bekannt, in der so viele Straßen mit Barrikaden blockiert sind. Das kommt dem Grünen Hügel schon sehr nahe hier.“

Noch immer unklar ist, wer die Gruppe anschließend zur Stadtkämmerei lotste. Sicher ist nur, dass dort vielstimmig ein „Weiche, Wolfgang! Weiche!“ intoniert wurde. Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer bestreitet, im Hintergrund tätig geworden zu sein. Augenzeugen berichten jedoch, dass Bürgermeister Heinrich mit einem zornigen „Nun zäume dein Stahlross, reisige Maid! Bald entbrennt brünstiger Streit“ geantwortet habe. Mit lautem Hojotoho sei das Volk dann zum Eiermarkt gezogen, wo ein gewisser Michel Mort junior das dortige Denkmal mit „Ein Schwert verhieß mir der Vater“ besungen habe.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt soll der Hargesheimer Stefan Vinke schmerzlich vermisst worden sein. Anschließend sackte die Stimmung wohl unter den anfangs schon vorhandenen Tiefpunkt ab: Ohrenzeugen berichten von lauten Heil-Rufen. Ein nahe am Eiermarkt residierender Anwalt und bekennender Wagnerianer nimmt die Wagner-Frustrierten in Schutz: „Ich fahre seit Jahrzehnten nach Bayreuth. Das Wort „Heil“ ist dort meines Wissens tabu“, erklärte er ohne dabei rot zu werden. Auch habe er das Wort noch nie aus dem Munde Richard Wagners persönlich gehört. „Wahrscheinlich hat irgendein Jugendlicher etwas“geil“ gefunden und ein Schwerhöriger „Heil“ verstanden.“

Das herbeigerufene Ordnungsamt relativiert ebenfalls: „Die Gegend um den Eiermarkt ist zu 99% von Deutschen bewohnt, wie sollen wir da feststellen, wer „Heil“ gerufen hat?“

Lothar Bastian von den Grünen fordert dennoch lückenlose Aufklärung. Wolfgang Kleudgen ist speziell zu diesem Zweck zurück zu „Die Linke“ gewechselt. „Merkel ist eine von denen, deshalb fühle ich mich in der CDU nicht mehr wohl. Die Homepage der Stadt ist eh noch auf dem alten Stand und weist mich als Linken aus“, begründet er seine Entscheidung.

Über den weiteren Verlauf des Treffens der Wagner-Frustrierten ist wenig bekannt. Schwülstig soll es gewesen sein und am Ende ziemlich konfus. Ein Teilnehmer aus dem innersten Zirkel meint sich zu erinnern, dass eine zwischen zwei Männern sitzende Dame verzückt ausgerufen habe: „War das sein Horn?“ Damit ist der thematische Rahmen der Walküre dann aber überschritten, weshalb die Berichterstattung an diesem Punkt endet.

Kategorien
Kreuznachtillon

Unterlassungsklage

KREUZNACHTILLON ZUM ERSTEN MAL VERKLAGT

Satire lebt gefährlich. Das weiß jeder spätestens seit Jan Böhmermann von einer anatolischen Bergziege auf Unterlassung verklagt wurde, weil er ihr ein Verhältnis mit einem übergeschnappten Politiker angedichtet hatte. Gestern, am vierten Tag seines Bestehens, hat es auch den Kreuznachtillon erwischt, gegen den das Landgericht Bad Kreuznach eine einstweilige Verfügung erlassen hat.

Das Redaktionsteam, bestehend aus 27 hauptamtlichen Redakteuren, 45 freien Mitarbeitern im Kreisgebiet und einem weltumspannenden Korrespondentennetz betrachtet dies als Erfolg und hat die ganze Nacht durchgefeiert, weshalb derzeit nur ein stark lädiertes Frühteam berichten kann.

„Ich dachte gar nicht, das irgendwer diesen Quatsch liest, und jetzt sind wir schon verklagt“, kommentierte der Leiter des Innenressorts kurz vor dem Einschlafen am Tresen. Die Wirtschaftsredaktion bilanziert die ökonomischen Konsequenzen des Rechtsstreits wie folgt: „Scheißegal, wir waren doch schon bankrott, bevor es losging.“ Weitere Äußerungen leitender Mitarbeiter sind noch weniger zitierfähig. Die gesamte Außenstelle Hauptstadt musste vorzeitig aus Bad Kreuznach verwiesen werden, nachdem sie zuerst im Alt-Berlin gestrippt und dann in den Ellerbach uriniert hat. Der Kreuznachtillon rügt diesen Fehltritt, der selbstverständlich folgenlos bleiben wird, auf das Schärfste.

Doch nun zum ernsteren Teil der Meldung: Was ist überhaupt passiert? Grund der einstweiligen Verfügung ist ein Antrag des US-Präsidenten Donald Trump, in seiner Funktion als Marionette der NSA. Diese wiederum führt Beschwerde darüber, dass ihre Computer die mitgeschnittenen Meldungen des Kreuznachtillon nicht übersetzen können. Man sei von der Überwachung des deutschsprachigen Internets gewohnt, dass jeder Satz ein „boah ey“, „echt ey“ oder „fuck ey“ enthalte. Nur das könne von amerikanischen Übersetzungsprogrammen verstanden werden. Die Formulierungen im Kreuznachtillon seien zu lang und zu kompliziert. Infolgedessen habe man bereits fünf Simultandolmetscher aus dem Pentagon zur NSA versetzen müssen, um zu verstehen, worum es überhaupt geht. Die Verteidigungsfähigkeit der USA sei dadurch gravierend eingeschränkt.

Auf Antrag der NSA hat das Gericht dem Kreuznachtillon daher vorläufig untersagt, mehr als eine Meldung pro Tag zu veröffentlichen. Der Grundsatz der Bündnistreue gebiete es, den USA die Gelegenheit zu geben, ihre Überwachungscomputer in Konjunktiv und Genitiv zu schulen. Landgerichtspräsident Eisert begründet seine Entscheidung ganz pragmatisch: „Wer sich auskennt weiß, dass Trump bei einer Ablehnung des Eilantrages eine mündliche Verhandlung beantragen könnte. Ich will den Trottel aber nicht in meinem Haus haben.“

Am Rande erhielten bei dieser Gelegenheit auch seit Jahren schwelende Gerüchte über einen baldigen Umzug des Landgerichts neue Nahrung, denn Eisert ergänzte: „Wenn der US-Präsident vor einem deutschen Gericht erscheint, wird das Gebäude vorher tagelang vom secret-service inspiziert. Die überprüfen jeden Quadratzentimeter auf mögliche Unregelmäßigkeiten. So soll die Gefahr reduziert werden, dass der Präsident stolpert. Wir hätten also wegen Donald Trump unseren Umzug schon wieder verschieben müssen.“

Eisert betont, dass der Gerichtsbeschluss keine inhaltliche Wertung der Arbeit des Kreuznachtillon bedeute. Er persönlich lese die Meldungen gar nicht, die Berichte über Stromberg und Wallhausen seien für ihn aber besonders interessant gewesen, weil er über das Geschehen in Bad Kreuznach ohnehin informiert sei.

Der Kreuznachtillon steht seit gestern vor einer schwierigen Entscheidung. Die Einlegung eines Rechtsmittels würde Donald Trump nämlich einen Vorwand liefern, Bad Kreuznach zu besuchen. Insider berichten, dass er bereits Auftritte im ganzen Landkreis plant. In Schöneberg wolle er sogar einen Balkon ans Rathaus nageln lassen, um von dort eine historische Rede zu halten. Hierfür habe er den Satz „Ich bin ein Berliner“ im Hunsrücker Dialekt einstudiert. Trump brenne darauf, vor der Weltöffentlichkeit in die Kameras zu rufen: Eisch sin e Kreppel!

Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor dem Landkreis Bad Kreuznach und seinen Bürgern, von dem Willen beseelt, unseren Politikern nicht durch den Auftritt schlechter Vorbilder den Eindruck zu vermitteln, doch dem Wohle der Allgemeinheit zu dienen, hat der Kreuznachtillon kraft des inspirierenden Naheweins darum die gerichtliche Verfügung akzeptiert. Die Frequenz der Berichterstattung wird folglich künftig auf eine Meldung täglich heruntergefahren, bis die NSA das, was sie heimlich mitschneidet, endlich auch versteht.

Kategorien
Kreuznachtillon

Touristentod

TOURISTIN VERDURSTET IN WALLHAUSEN

Tragisches Unglück in Wallhausen. Eine 47jährige Touristin starb dort am Tresen der örtlichen Vinothek vor einem Glas Wein an Dehydrierung. Einzelheiten sind noch unklar. Anhand erster Aussagen von Einwohnern ergibt sich folgendes Bild:

Begonnen hat das Martyrium der Frau damit, dass sie die Empfehlung eines Weinführers nur teilweise in Erinnerung hatte. Bei ihrer Ankunft habe sie lediglich gewusst, dass sie unbedingt einen „Riesling vom Weingut Eckes“ probieren wollte. Sie habe sich dann durchgefragt und sei von den freundlichen Wallhäusern auch bereitwillig zum „Weingut Eckes“geschickt worden. Zeugen streiten noch darüber, welches Weingut Eckes überhaupt gemeint war. Ganz sicher habe ihr aber niemand vorsätzlich die falsche Richtung gewiesen.

Nach zweitägigem Herumirren im Dorf habe sie die Suche aufgegeben und nur noch irgendeinen Riesling gewollt. „Da sah sie schon ziemlich fertig aus“, berichtet ein Augenzeuge. Man habe ihr dann die Vinothek empfohlen, wo sie wenige Stunden vor ihrem Ableben auch ankam. Nach kurzem Studieren der Karte habe sie zur Stärkung zunächst ein Brot mit „Wallhäuser Latwersch“ bestellt. Nachdem ihr dies serviert wurde habe es heftige Diskussionen über den Unterschied zwischen Pflaumenmarmelade und Schweinemett gegeben. „Da wäre sie noch zu retten gewesen“, ist sich ein weiterer Augenzeuge sicher. „Beim Studium der Weinkarte entdeckte sie dann aber einen Hinweis auf Sulfit.“ Die Frage nach der Bedeutung dieses Stoffes sei von einem Winzer nur mit einem lapidaren „Das gehört da eben rein“ beantwortet worden, weshalb die Frau konsequent die komplette Liste der Lebensmittelzutaten gefordert habe.

„Ich sagte noch zu ihr: trinken Sie doch erst mal was!“, berichtet der Winzer. „Aber sie wollte die Liste erst vollständig lesen – alle 180 Seiten. Nach zwei Stunden musste sie sich setzen und bat mich, ihr vorzulesen, was ich auch tat. Irgendwo zwischen E 161 – Canthaxanthin und E 1518 – Glycerintriacetat muss sie dann vom Stuhl gekippt sein. Als ich fertig war mit Lesen, war es schon passiert.“

Das bedauernswerte Opfer wird noch diese Woche vor Ort beerdigt. Die Wallhäuser sehen dem Ereignis schon gespannt entgegen. „Beerdigung ist in Wallhausen wie Hochzeit“, erklärt dazu ein Einheimischer. „Es ist nur einer weniger betrunken.“

Kategorien
Kreuznachtillon

Hungriger Wolf

BÜRGERBEGEHREN GEGEN DEN HUNGRIGEN WOLF

Spricht man Frauke Klotzbach-Pimpelhuber auf Bad Kreuznach an, verdüstern sich die Blicke der mehr als mittelalten Frau. „Kreuznach“, stöhnt sie dann verbittert. Man spürt die Wut, die sich seit Jahren in ihr aufgestaut hat.

Sie hat sich immer schon engagiert, steht seit ihrer Geburt auf der Seite der Guten und unter den Guten bei den Besseren. Das ist ihr Leben. Die Demonstrationen gegen Brokdorf und die Startbahn West kennt sie aus dem Fernsehen, aber das konnte sie nur belächeln. Nicht wichtig genug, zu eigennützig, zu materiell. Frauke Klotzbach-Pimpelhuber hatte Anderes im Sinn, ihr Kampf galt den existenziellen Problemen. Und so setzte sie sich ein, für den gelbbäuchigen Saftspecht in Kleinhinternfurt, für die rückwärtsfliegende Propellerlibelle am Main-Dein-Unser-Kanal, für die glibberschleimige Aasmade im Vorratslager von DonaldKing.

Auch international war sie tätig, engagierte sich in Dschungeln und Wüsten, im Gebirge und auf See, überall, wo sie keiner brauchte. Tierschützerin möchte sie nicht genannt werden, das ist ihr zu zahm. Sie sieht sich als „Aktivistin der spirituellen Seekuhrity“. Gedankt hat ihr das bisher niemand, nicht einmal die Tiere, für die sie sich aufopferte. Die starben lieber aus.

Frauke Klotzbach-Pimpelhuber spürt das Ende ihrer Kräfte nahen. Ihr Arbeitgeber unterstützt sie größtmöglich. Mit Freistellung bei voller Lohnfortzahlung. Zuletzt musste sie nur noch zur Weihnachtsfeier erscheinen. Aber auch das war zu viel: Burnout! Zu furchtbar sind die Bilder in ihrem Kopf, von Autos, die Mücken zu Tausenden in den Kühlergrill saugen, von Frauen, die Spinnen mit Papierservietten zu Leibe rücken, von Männern, die Wespen im Bier einfach ertrinken lassen. Wenn sie erzählt ahnt man, dass die Welt ohne sie genauso schlecht wäre.

Trotzdem gibt die tapfere Frau nicht auf. Denn ein Ziel verfolgt sie unerbittlich, eine letzte Aufgabe muss noch erfüllt werden. „In Kreuznach“, erzählt sie mit bebender Stimme, „da nennen sie einen Berg den „Hungrigen Wolf“. Schon seit Menschengedenken. Und die sind auch noch stolz darauf.“ Dann sieht man den alten Kampfgeist in ihr erwachen, ihre friedlichen Hände ballen sich zur Faust, vor der sie selbst erschrickt. „Der Wolf“, knurrt Frauke Klotzbach-Pimpelhuber fast selbst wie ein Wolf, „der Wolf ist ein Lebewesen. Schon der Gedanke, dass es leiden könnte, ist ein Frevel. Ich möchte nicht, dass Kinder aufwachsen in einer Welt, die Wölfe hungern lässt. Dieser Name muss ausgemerzt werden. Bad Kreuznach würde viel positiver rüberkommen, wenn man den Hungrigen Wolf umbenennen würde in Satter Wolf. Erst wenn dieser Name geändert wurde, ist mein Werk vollendet.“

Für eine schlagkräftige Kampagne hat sie mit ihren letzten Mitteln eine Werbeagentur beauftragt, und von dieser einen höchst einfallsreichen Slogan kreieren lassen, einen echten Aufrütteler, einen Kampfruf der bedrängten Kreatur: „Wird der Wolf nicht satt, geht Kreuznach schachmatt.“ Unter diesem Motto wird Frauke Klotzbach-Pimpelhuber nur mit einem roten Käppchen bekleidet und mit sieben Plüschgeißlein in einem Korb am Jahrmarktsmontag im Naheweinzelt Unterschriften sammeln für ein Bürgerbegehren. Mitstreiter sind herzlich willkommen.

Kategorien
Kreuznachtillon

Lutherthesen

96. THESE LUTHERS IN BAD KREUZNACH GEFUNDEN

Mit der Eingemeindung von Bad Münster a. St. / Ebernburg gelangte auch eine Kiste alter Dokumente aus dem Keller der Ebernburg in den Besitz des Bad Kreuznacher Stadtarchives. Die Auswertung dieser Kiste ist mittlerweile abgeschlossen und Stadtarchivarin Franziska Blum-Gabelmann hat Erstaunliches zu vermelden. Unter den Papieren habe sich der Fetzen einer alten Handschrift befunden, am oberen Rand gezackt, wie von einer längeren Schriftrolle abgerissen. Der Text hat es in sich: „96. Wer Vorstehendes ernstlich gleubet, wolle hurtig einen Ablass erwerben, damit sein arm Seel in den Himmel springt.“

Noch ist Blum-Gabelmann vorsichtig mit Deutungen, aber die Anzeichen verdichten sich, dass es sich um den Abschluss der Thesen Luthers handelt. Unterstützung erhält die Stadtarchivarin dabei von dem Ebernburger Historiker Stefan Köhl: „Es ist belegt, dass Franz von Sickingen, der Hausherr der Ebernburg, 1521 zum Reichstag nach Worms reiste, um Luther zu treffen. Durchaus denkbar, dass der Reformator dem Reichsritter dort einige Schriften übergab.“ Damit ist allerdings noch nicht der Bezug zu den berühmten Thesen Luthers hergestellt. Dieser ergibt sich für Blum-Gabelmann erst aus zwei weiteren Aspekten. Zunächst gebe es keinen Beweis, dass Luther seine Thesen selbst an die Schlosskirche von Wittenberg nagelte. Kritische Historiker gingen davon aus, dass der Thesenanschlag in Wirklichkeit der Scherz einiger Studenten gewesen sei. Dazu passe dann, dass die 96. These offenbar vorher abgetrennt wurde. Möglicherweise seien die Thesen nur eine theoretische Arbeit Luthers gewesen, die von seinen Studenten in ihr Gegenteil verdreht wurde.

Und weiterhin führt Blum-Gabelmann aus: „Die Zahl 96 war im Mittelalter eine närrische Zahl. Sie hatte etwa die Funktion wie heutzutage ein Smiley. In der Fachwelt wird seit Jahren diskutiert, warum Luther nach der 95. These aufgehört hat. Jetzt wissen wir es.“

Vertreter der evangelischen Kirche wollen noch nicht von einer Sensation sprechen. Man müsse nun erst einmal den 500. Jahrestag des Thesenanschlags vermarkten. Dazu habe man in großen Mengen Nippes mit den 95 Thesen herstellen lassen. Mit der 96. These werde man sich erst befassen, wenn diese Lutherreliquien verkauft seien.Ähnlich pragmatisch sieht es ein Vertreter der Katholischen Kirche, der namentlich nicht genannt werden will: „Die Reformation hat uns dieses Jahr einen zusätzlichen Feiertag beschert, den wollen wir nicht gefährden. Wenn Luther sich durch seine 96. These doch noch als treuer Katholik erweist, wird er auch Verständnis dafür haben, dass jedes Wissen um diese These unterdrückt wird.“