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Schullehrergedenktag

SCHULLEHRERGEDENKTAG

Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin – mit diesem Stoßseufzer gehen alljährlich am letzten Sonntag der großen Ferien die Schullehrer im Landkreis zu Bett. Nur um am nächsten Morgen festzustellen: Niemand geht nicht hin, statt dessen kommen sie alle wieder – die Schüler!

Gestern war es wieder soweit, darum wollen wir heute der Opfer gedenken.

An den Grundschulen erwiesen sich wie immer nicht die Erstklässer als Problem, sondern die Helikoptereltern.„Es war grauenvoll„, berichtet eine Rektorin aus dem Kreisgebiet. „Hyperbesorgte Mütter allerorten. Sie haben bereits während meiner Eröffnungsrede 15 WhatsApp-Gruppen gegründet, darunter einen Hausaufgaben-Notruf sowie einen Turnbeutel-Suchdienst. Mein Hinweis auf ein Handyverbot für Schüler während des Unterrichts führte zu einer Sammelbeschwerde an den Schulrat. Als ich mich zu einem Kaffee zurückzog, hatten hilfsbereite Väter bereits mein Büro neu tapeziert und einen Durchbruch zum Sekretariat gemauert. Anschließend deckten sie das Schuldach ehrenamtlich neu ein.“

An der Bistumsschule ADS traf sich das Kollegium bereits um 5 Uhr in der Frühe, um gemeinsam zu beten, dass der Kelch vorübergehen möge. Vergeblich! „So stelle ich mir die Völkerwanderung vor„, berichtet ein Geschichtslehrer, der überlebt hat. Pünktlich mit dem Gong zur ersten Stunde habe das Gebäude angefangen zu vibrieren, dann seien alle Türen aufgeflogen und ganze Heerscharen hätten die Schule geflutet. „Optisch erinnerte es mich an den Sturm auf die Bastille, akkustisch eher an die Landung in der Normandie.“

Am Stama bildeten die Schullehrer tapfer eine Menschenkette um vereint den Zutritt zu verhindern. „Dulce et decorum est pro patria mori“ riefen sie geschlossen beim ersten Schulgong. Dann wurde ihr Widerstand brachial gebrochen. Horden von Schülern seien ohne Rücksicht auf Verluste in ihre Klassenräume gerannt. Krankenwagen waren im Großeinsatz, um niedergetrampeltes Lehrpersonal zu bergen.

Von anderen Schulen kursieren Videos im Netz. Sie zeigen Schullehrer in verzweifelten Situationen. Manche verstecken sich unter dem Pult, andere kritzeln ihr Testament an die Tafel, wieder andere springen aus dem Fenster. Nach ersten Bestandsaufnahmen hat sich bereits am ersten Tag des neuen Schuljahres mehr als die Hälfte des Personals traumatisiert krankgemeldet. Die CDU im Lande kritisiert heftig den Unterrichtsausfall, die SPD-Regierung verspricht Neueinstellungen – nach der nächsten Wahl.

Noch völlig unklar ist die Lage am Röka. Jeglicher Kontakt dorthin ist unterbrochen, über dem Areal schweben Staubwolken. Auf der Pfingstwiese werden soeben Buden und Zelte aufgebaut, um provisorisch einen Ersatzunterricht sicherstellen zu können. Fachleute befürchten, dass das Röka durch Scharen hereinstürmender Pennäler zum Einsturz gebracht worden sein könnte. Immerhin belegen Berge weit verstreuter Coffee-to-go-Becher auf der Strecke vom Bahnhof zur Schule die Rückkehr der Schüler nach dem Ende der Sommerferien.

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K.O.-Tropfen

MÄNNERNOTRUF WARNT VOR K.O.-TROPFEN

Zum Beginn der Jahrmarktswoche weist der Männernotruf Bad Kreuznach wieder eindringlich auf die Gefahr durch K.O.-Tropfen hin. Täter seien meistens Freunde oder Kollegen, die zu einem möglichen Opfer gezielt Kontakt aufnähmen, um sich als guter Kumpel anzubieten und die nächste Runde zu schmeißen.

Die Wirkung der Tropfen setze meistens nicht sofort ein, sondern benötige etwas Zeit, erläutert Erwin Knüllemann von der Fachstelle ‚Alkoholisierter Gewaltverlust‘. Er schildert zugleich auch die Schwierigkeiten in der Präventionsarbeit: „Tropfen klingt für Männer einfach nicht nach Gefahr, darum haben wir die Maßeinheit geändert und sprechen nun von K.O.-Litern.“ Die unverfänglichen Namen der gefährlichen Substanzen seien ebenfalls verharmlosend, aber leider nicht zu ändern. „Versuchen Sie mal Riesling oder Kölsch umzubenennen, völlig unmöglich.“ Man arbeite derzeit an freiwilligen Obergrenzen für einen sicheren Konsum. Die spezielle Psyche von Männern erschwere aber auch dies. „Setzen wir die Obergrenze zu niedrig an, wird sie aus Prinzip ignoriert. Setzen wir sie hingegen zu hoch an, gilt automatisch als Weichei, wer drunter bleibt. Das ist ein ganz sensibles Thema.“

Immerhin sei es gelungen, eine leicht eingängige Faustformel zu konzipieren: 5 Liter Wein oder 10 Liter Bier sind genug, das merke dir! Damit will die Fachstelle den Männern eine verlässliche Orientierung geben. Der erhoffte Erfolg der Aktion werde lediglich durch zwei Faktoren gefährdet, berichtet Erwin Knüllemann: „Wenn die Männer sich verzählen, fangen sie erfahrungsgemäß wieder von vorne an. Das Gleiche passiert um Mitternacht, weil dann ein neuer Tag beginnt.“ Dennoch werde das Merksprüchlein nun auf Handzettel gedruckt und jedem Mann an den Eingängen zum Jahrmarkt überreicht. Als Bonusmaterial gibt es dazu Preislisten örtlicher Winzer, Freibiergutscheine der Getränkehändler und Visitenkarten von Verkehrsrechtsanwälten.

„Ein attraktives Gesamtpaket„, freut sich Knüllemann, der den ganzen Jahrmarkt über auf der Pfingstwiese im Einsatz sein wird, denn die Umsetzung der neuen Faustregel bedarf nach seiner Einschätzung noch intensiver praktischer Erprobung. „Ich werde das selbst testen“, verrät Knüllemann. „Falls erforderlich werden wir die freiwillige Obergrenze nächstes Jahr umstrukturieren zu einer Flexi-Grenze. Schaumermal.“

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Abgrundradeln

RADELN AM ABGRUND

Im Anfang war der Bach und der Bach floss in Kurven und die Kurven waren der Bach. Dann kam der Mensch und begradigte den Bach und am Ufer des geraden Bachlaufs entstand ein Radweg. Dann kam wieder der Bach und der Bach floss wieder in Kurven und der Radweg verlief plötzlich im Bach und die Radfahrer mussten absteigen. Und dann kam Karl Bodtländer und sagte, dass es gut ist: „Denn jetzt können die Radfahrer die Fußgänger nicht mehr umfahren.“

Seither rumort es zwischen Guldental und Langenlonsheim. Schließlich ist Sommer und die Guldentaler wollen ins Schwimmbad. Aber auf halber Strecke dorthin befindet sich der schlechteste Radweg Deutschlands. Die Kommission „Unser Radweg soll schöner werden“ hat ihn dieser Tage mit der gequetschten Bandscheibe ausgezeichnet, dem renomierten internationalen Radlertrostpreis, erstmals vergeben im Jahre 80 n. Chr. an die Stadt Pompeji.

Die Politik hat das Problem erkannt und sich umgehend abgesichert: In beide Richtungen stehen Verbotsschilder, obwohl jeder genau weiß, dass der Radweg bzw. das, was von ihm übrig ist, weiter genutzt wird. Man tut einfach so, als gäbe es das Problem nicht, denn ein verdrängtes Problem ist für Politiker ein gelöstes Problem.

Damit wäre der Rad-weg-Weg beinahe in Vergessenheit geraten, hätte nicht Rainer Klöckner, Winzer und Betreiber einer Straußwirtschaft in Guldental sich Sorgen gemacht, wie seine Kunden künftig zu ihm kommen. Es entbrannte eine rege FB-Diskussion, wodurch das verdrängte Problem plötzlich wieder auf der Tagesordnung stand. Dann kamen wieder die Politiker und versuchten, das Problem erneut zu verdrängen. Dazu suchten sie die Schuld woanders und siehe da, die Politiker wurden fündig: Denn im Anfang war der Bach und der Bach floss in Kurven …

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Rheinzeitung

Öffentlicher Anzeiger

RHEIN-ZEITUNG FÄLLT AUF FAKE-NEWS REIN

Die angesehendste Tageszeitung im nördlichen Rheinland-Pfalz, gelüstete es dieser Tage danach, hinter die Kulissen des Kreuznachtillon zu blicken. Ein dreister Versuch von Spionage, der mit juristischen Mitteln erfolgreich zurückgeschlagen wurde. Mangels Liquidität konnte allerdings kein Rechtsanwalt bezahlt werden, weshalb der Kreuznachtillon kurzerhand einen Anwalt erfand, den es tatsächlich gar nicht gibt. Der traf sich unter dem Fantasienamen Julius Dexheimer mit der Redakteurin Cordula Kabasch vom Öffentlichen Anzeiger zum Interview. Dabei tat er so, als habe er tatsächlich etwas zu erzählen und redete, als habe er von irgendetwas Ahnung. Als Krönung schwätzte er der Redakteurin auf, die Hauptfigur in fünf Romanen zu sein.Prompt entstand eine Zeitungsente, wie sie die Presse lange nicht erlebt hat.

Seit der Veröffentlichung fragt ganz Deutschland sich mittlerweile: Ist endlich wieder Bundesliga oder was? Redakteurin Kabasch gibt sich selbstkritisch. „Ich hätte es merken müssen„, meint sie. „Der Typ trug keine Krawatte, das war schon seltsam. Er legte auch keinen Wert darauf, vor einschlägigen juristischen Büchern mit dem Telefonhörer am Ohr fotografiert zu werden. Bei echten Rechtsanwälten völlig undenkbar. Obendrein trank er zum Gespräch einen Chardonnay. Die Advokaten, die ich kenne, trinken heimlich Single-Malts, aber nicht öffentlich Wein. Das war nie und nimmer ein echter Rechtsanwalt – da bin ich mir mittlerweile ganz sicher.“

Redaktionsleiter Gustl Stumpf hat seiner Redakteurin bereits verziehen. „Es ist eben Sommerloch“, meint er. „Da ist es schwer, die Seiten vollzukriegen. Normalerweise schreiben wir in solchen Zeiten bei der AZ ab, aber eine Zeitungsente ist qualitativ doch wesentlich höherwertig.“

Beim Konkurrenzblatt ist die Schadenfreude groß. „Julius Dexheimer? Kreuznachtillon? Wenn es das gäbe, wüssten wir etwas davon. Tun wir aber nicht, also gibt’s das nicht.“ Dieses klare Ergebnis knallharter Recherche führt bei der Stadtverwaltung zu einem erleichterten Aufatmen: „Wieder ein Thema erfolgreich totgeschwiegen“, verkündet der Pressesprecher. „Die Meldungen des Kreuznachtillon waren zwar im Prinzip richtig, aber offensichtlich gab es sie gar nicht.“

Derweil rätseln die Leser, wer jetzt eigentlich wen durch den Kakao zieht. „Sein oder nicht sein, das ist hier die Frage. Ich blicke langsam selbst nicht mehr durch“, bekennt Heinrich Laun, der selbst schon Artikel verfasst hat, und darum von den Äußerungen aus der Gymnasialstraße unangenehm überrascht wurde. Marion Cyfka, die morgens immer eine der ersten Leserinnen ist, will trotzdem künftig dabei bleiben: „Gibt es nicht gibt’s nicht, es gibt ja auch Gips“, meint sie spontan und erklärt nach nochmaligem Nachdenken: „Verwirrend. Man weiß nie so recht, was das soll. Ich fühle mich immer an die Redemanuskripte meines Mannes erinnert.“ Gert Hagebe von der taberna libraria ist sogar ein wenig traurig. „Ja, ich habe das regelmäßig gelesen“, räumt er ein. „Eigentlich unfassbar, dass es das nie gab. Man muss einfach verdammt aufpassen mit diesem Internet. Da werden einem sogar Fake-News als Fake-News untergejubelt.“

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Jackpot

SCHLANGE KNACKT JACKPOT

Da staunte eine Familie aus dem Umland nicht schlecht: „Wir wollten einen der letzten Ferientage zu einem Ausflug nutzen“, erzählt der Vater. „Deshalb sind wir zum Picknick nach Bad Kreuznach gefahren.“ Auf der Roseninsel habe man es sich dann gemütlich gemacht und ein wenig die Boote auf der Nahe beobachtet. „Meine Kleine liebt das Würfelspiel“, berichtet die Mutter von drei Kindern vom weiteren Verlauf des Ausflugs. „Deshalb hatte ich das Spiel ‚Kniffel‘ im Picknickkorb. Nach dem Imbiss haben wir ein wenig gewürfelt.“

Dann sei es passiert: „Plötzlich kam eine Schlange aus dem Gebüsch, schnappte sich den Knobelbecher und würfelte einen Kniffel nach dem anderen. 5 Sechser auf einen Schlag. Immer wieder.“ Anschließend habe die Schlange den Gewinn kassiert und sei verschwunden. Für Daniela Lohner von der BUND Kreisgruppe Bad Kreuznach liegt die Lösung des Rätsels auf der Hand: „Die Schlange war eindeutig eine Würfelnatter. Überall im Salinental mahnen Schilder dazu diese Tiere nicht zu stören. Trotzdem passiert es immer wieder, dass Menschen die Knobelbecher auspacken. So etwas zieht die Würfelnattern magisch an.“

Auch bei der Landespflegebehörde kennt man das Problem: „Die Würfelnatter ist süchtig nach Stracciatella“, erklärt der zuständige Sachbearbeiter. „Wir beobachten zunehmend, dass sich das Geld dafür beim Würfelspiel verdient. Anschließend schickt sie den Eisvogel los, ihr den begehrten Stoff zu besorgen.“ Die Familie aus dem Umland steht derweil noch immer unter Schock. „Wenn man in Kreuznach würfelt, wird man von einer Würfelnatter überfallen“, merkt der besorgte Familienvater an. „Was passiert dann hier erst, wenn jemand niest?“